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Robert Straumann

vorgestellt von Rüdiger Vaas im Extra 1
Robert Straumann Als ich Robert Straumann um ein paar Illustrationen für Extravenös bat, erhielt ich wenig später ein riesiges Kuvert mit mehr als vierzig Zeichnungen und einem Dutzend Skizzen und Karikaturen. "Viel Spaß beim Auswählen", hieß es dabei lakonisch. Keine zwei Minuten später war der Teppichboden meines Zimmers nicht mehr zu sehen. Überall legen die schönen Schwarz-Weiß-Zeichnungen in den unterschiedlichsten Formaten herum. Ob ich mich schwebend durchs Zimmer bewegt habe, um nicht auf sie zu treten, weiß ich nicht mehr. Als pflichtbewußter Redakteur rang ich mich aber schließlich dazu durch, einige Bilder für die lieben Leser auszuwählen und nicht allein dem Genuß zu frönen.

Aber dies sollte ja eigentlich eine ernsthafte Vorstellung werden, nach Roberts Vorschlag sogar ein (fingiertes) Interview. Ich werde das riskieren, obwohl die Gefahr, dabei schizophren zu werden, nicht auszuschließen ist. Als Grundlage für den Dialog dienen Briefe und Selbstvorstellungen Roberts, es ist also keine Zeile erfunden.

Tja, und an dieser Stelle sollte eigentlich das Interview beginnen. So war es ursprünglich auch. Die Druckvorlagen von Extravenös lagen bereits fertig vor mir - da kam ein weiterer Brief von Robert Straumann. Insgesamt 16 Seiten Text! Und zehn Fotos.

Und so umfaßt dieses Fenzine entgegen anders lautenden Ankündigungen nun 72 Seiten. Mit anderen Worten: Ich sah mich gezwungen, den Umfang zu erweitern. Roberts Aktivität soll nicht umsonst sein. Und die Leser möchte ich auch nicht ärgern (wenn sie, um die Fortsetzung des Porträts zu lesen, auf Extra 2 werten müßten). Das Interview kommt also ans Ende des Heftes. Ihm möchte ich hier nicht vorgreifen, stattdessen lieber noch etwas über Robert schreiben.

Zum Beispiel, daß er zu seinen ATLAN-Illustrationen Kurzbeschreibungen verfaßt, von denen hier eine wiedergegeben werden soll. Sie bezieht sich auf des Bild 2 in ATLAN 663. Robert schreibt:

Situation von Seite 7 des Exposés. Im Vordergrund Atlan, den Brocken Jenseitsmaterie in der offenen Hand. Der Blick ist nach oben gerichtet, von wo Ticker heranfliegt. Im Hintergrund Tyari mit meiner Version einer futuristischen Waffe. Der Blickfang muß aber bei Atlan liegen. Ich möchte herausfinden, wie "mein Atlan" ankommt. Ticker sollte auf dem Bild nur als Schatten zu erkennen sein. Die Hälfte von Atlan liegt also im Schatten der Flügel und die Krallen sollten in die Nähe der Jenseitsmaterie kommen. Wichtig: Bei Atlan sollte man das Gefühl haben, daß die Hand auf den Betrachter zukommt.

Robert Straumann
Roberts erstes SF-Bild
ca.1970
Zu dem im Interview angesprochenen ATLAN-Portfolio ist noch anzumerken, daß die zweifarbige Mappe zehn Zeichnungen (DIN A4) enthält. Porträts, Weltraumbilder und Handlungsszenen. Die signierte und numerierte Auflage wird 111 Exemplare betragen. Wer daran Interesse hat, meldet sich am besten gleich bei Robert Straumann.

In seinen Bildern nimmt zweifellos der Mensch einen Schwerpunkt ein. Roberts größte Begabung liegt meines Erachtens auf dem Gebiet des Porträts. Wie vielseitig seine Motive jedoch sind, habe ich in der Auswahl der Zeichnungen für dieses Fanzine ein wenig aufzuzeigen versucht. Deshalb sind hier auch einige Nicht-SF-Bilder zu bewundern.

So gibt es auch farbige Gemälde, die Wintersport-Szenen zeigen, beispielsweise einen Skifahrer, der nach einem Schanzensprung gleichsam eingefroren dargestellt wird, über einem Berggipfel schwebend. Auch einige ATLAN-Illus wirken in Farbe weitaus besser als in den Heften. Schade, daß ich sie hier nicht zeigen kann. Doch auch die Zeichnungen in Extravenös sprechen wohl für sich. Eines kann ich schon jetzt versprechen: Sie sind nicht die letzten, die in Extravenös zu finden sein werden. (Ich könnte noch immer den Teppichboden meines Zimmers unsichtbar machen...) Ein Grund mehr, sich auch die nächsten Nummern zuzulegen!




Robert Straumann
Robert Straumann

im Gespräch mit Rüdiger Vaas im Extra 1


RV: Am besten, wir beginnen mit den "technischen Daten"...

Robert: Ich wurde am 6. September 1956 geboren und wuchs in der Nähe von Basel auf, wo ich auch heute noch lebe. Ich bin 1,75 Meter groß, 65 Kilogramm schwer und habe blaugraue Augen.

RV: ... und den Durchblick hast Du auch, muß man hinzufügen.

Robert: Ja, ich trage eine Brille, weil ich extrem kurzsichtig bin.

RV: Du bist gelernter Buchdrucker. Während der Lehrzeit hast Du PR und ATLAN kennengelernt. Beiden Serien bist Du (natürlich) bis heute treu geblieben. Wie kam es zu Deiner Mitarbeit als ATLAN-Illustrator?

Robert: Für's Zeichnen konnte ich mich schon in frühester Kindheit begeistern. Die ersten Bilder entstanden zusammen mit meinem Vater, der mich oft zu Zeichentrickfilmen mitgenommen hatte und mit meinem Bruder mein härtester Kritiker ist. Über den legendären Grafikwettbewerb der Zweitauflage kam ich zur ATLAN-Serie. Seit Anfang 1964, ab Band 660, zeichne ich die Innenillus, anfangs zusammen mit Christian Mögling, ab Band 700 dann alleine. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen!

RV: Macht es Dir Spaß, nach Vorgaben zu zeichnen?

Robert: Nach Romanen habe ich bisher noch nie gezeichnet, werde aber demnächst einmal mit einigen Bildern zu "Der Herr der Ringe" den Anfang machen. Bei den ATLAN-Illus ist es so, daß ich nach dem Expose meine Bilder gestalte. Wenn ich also ein Thema herausgreife, muß dem im Roman nicht unbedingt viel Bedeutung beigemessen werden. An dieser Stelle möchte ich noch sagen, daß mich weder Verlag noch Autoren in der Bilderwahl oder Malart beeinflussen. Das ist zum Beispiel einer der Gründe, warum es mir so viel Spaß macht, für ATLAN zum Pinsel zu greifen. Da ich trotz textlicher Vorlage freie Entfaltungsmöglichkeit habe, nicht eingeengt bin, fällt es mir schwer zu sagen, was mir nun mehr gefällt. Gerade mit einem Thema konfrontiert zu werden, das man nicht selbst ausgesucht hat, ist reizvoll. Ebenso aber auch, wenn ich etwas auf's Papier bringe, was mich schon lange beschäftigt hat. Ob ich nun nach Vorlage oder eigener Idee zeichne - es ist das Malen an sich, was mir Spaß macht!

RV: Zeichnest Du immer "aus dem Kopf", oder hast Du z.B. Fotos als Vorlagen?

Robert: Die Idee für ein Bild beginnt immer in meiner Gedankenwelt. Ihr folgen verschiedene Skizzen, bis ich mich für die geeignete entscheide. Manchmal kann dann für die Ausarbeitung auch ein Foto als Vorlage dienen. Gurt Gilling in Band 678 zum Beispiel ist mein Bruder, weil nicht nur das Aussehen, sondern auch das Wesen dem der Romanfigur sehr nahekommt. Fartuloon aus 752 hat eine Ähnlichkeit mit meinem Vater, weil dieser für mich Lehrmeister, Mentor und Freund ist, wie der letzte Calurier für Atlan. Bei den Nichtmenschlichen verwende ich oft medizinische Fachbücher, da ja auch diese irgendwie organisch "funktionieren" müssen. Diejenigen aus meinem Bekanntenkreis, welche für die Porträts Pate gestanden haben, mögen mir verzeihen, wenn sie sich nicht mehr wiedererkennen werden.

RV: Dein "Lieblingsmotiv" ist sicher der Mensch?

Robert: Ja. Ich hoffe, man sieht es meinen Bildern an, daß mich der Mensch fasziniert. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob er es jetzt in der uns bekannten Form ist, oder in der Fantasie-Welt meiner Gedanken. Meine liebsten Nicht-SF-Bilder sind hauptsächlich der Darstellung von Menschen gewidmet. Außerdem die Vielfalt der Tierwelt, die Natur an und für sich, besonders die Pferde, welche mich nicht nur als Motiv begeistern können. Ich hoffe, Nussel bleibt uns in den ATLAN-Heften noch eine Weile erhalten. Ein Tip in diesem Zusammenhang: Band 771 und 772.

RV: Gibt es irgendwelche besonderen Quellen der Inspiration für Deine Bilder? Zum Beispiel Musik?

Robert: Für mich ist Musik eher Beiwerk zum Malen. Wobei ich sie dem Inhalt der Illus anpasse. Für Stimmungsbilder also eher etwas ruhiges. Das Spektrum ist sehr groß und reicht von Andreas Vollenweider bis Bryan Ferry, Seemannslieder bis Country/Negro Spirituals, von David Bowie bis Milva, von Jethro Tull bis Bob Dylan, um nur die wichtigsten zu nennen. Als Inspiration könnte man Gespräche, Erlebnisse, Fotos, Tageszeitungen, Witze und so weiter bezeichnen. Verantwortlich für die Themenwahl meiner Bilder ist in erster Linie meine Stimmung.

RV: Gibt es irgendwelche Vorbilder? Auch SF-Künstler?

Robert: Ja. David Bowie. Sodann Picasso und moderne SF-Maler, in deren Fußstapfen ich aber nicht treten will. Johnny Bruck, Al Williamson, Alex Raymond, Peter Jonas, Patrick Woodroffe, Chris Foss, Michael Whelan, Frank Kelly Freas, Virgil Finlay, Rodney Matthews, Tim White und John Berkey beeindrucken mich jedoch sehr. Auch andere, die ich nur von den Bildern, aber nicht mit Namen kenne.

RV: Nun zur Technik Deiner Bilder. Zeichnest Du alles mit Pinsel, oder verwendest Du auch Tusche, Filzstifte und so weiter?

Robert: Das kann ich nicht so pauschal beantworten. Es ist von Bild zu Bild verschieden. Um bestimmte Effekte zu erzielen, verwende ich zum Beispiel die Finger oder eingetrocknete Pinsel. Wenn das Bild einen Pinselcharakter haben soll, male ich alles mit Pinsel, selbst Linien. Reine Federzeichnungen, wie sie bei Illustrationen hauptsächlich verwendet werden, liegen mir nicht so. Ich liebe besonders die kontrastreichen Schwarzweißzeichnungen, da man hier sehr korrekt sein muß. Geduld ist nämlich meine Stärke, Eitelkeit und Faulheit gehören zu meinen Schwächen.

RV: Letzteres bezweifle ich doch sehr. Doch erzähle noch ein wenig...

Robert: Wie schon erwähnt, mache ich zuerst eine Skizze, welche hauptsächlich Bildaufbau und Randnotizen beinhaltet. Sie wird dann in detailierterer Form ins Originalformat übertragen und Stufe für Stufe mit Bleistift ausgearbeitet. Manchmal brauche ich dann nur noch jeden Strich mit Tusche nachzuzeichnen. Es kann aber durchaus sein, daß ich gewisse Sachen offen lasse und sie später dann direkt auszeichne. Ab und zu mache ich aber auch Fotomontagen. Das Format meiner Bilder schwankt zwischen 50x70 und 70x100 Zentimetern. Für eine ATLAN-Illu habe ich eine Woche Zeit, brauche aber meistens nur vier Stunden bis drei Tage. Ein Bild aber ist schon über ein Jahr in Arbeit. Außerdem mache ich meist nicht alles auf einmal und schaue auch nie auf die Uhr. Wie lange ich zeichne, bestimmen noch immer meine Augen, die irgendwann Erholung brauchen. Die Original-Illus gehören übrigens mir, und ebenso das Recht, sie zu verkaufen. Selbstverständlich würde ich ATLAN-Motive nie für andere Romane verwenden, wie das leider andere Künstler tun.

RV: Wie entstehen die Grautöne?

Robert: Durch verdünnte Tusche, Bleistift, Rasterfolien oder durch feines Übersprühen mit der Spritzpistole. Farbige Bilder (in ATLAN 674, 690, 705, 719, 726, 729, 731 und 734) werden aufgerastert.

RV: Ich veröffentliche auf diesen Seiten zwei Blitz-Zeichnungen. Machst Du eigentlich viele Übungen?

Robert: Jeder macht seine Studien, aber ich verbinde sie immer mit einem ganzen Bild. Ein Blatt nur mit Händen, Füßen et cetera kann mich nicht befriedigen. Ich glaube sagen zu können, daß meine zeichnerische Fertigkeit durch die Tätigkeit als Innenillustrator einen Sprung nach vorne gemacht hat. Natürlich möchte ich mich weiter verbessern, wobei ich mich für die meist positiven Kritiken herzlich bedanke. Wer Vorschläge für mich hat, kann mir gerne schreiben.

RV: Was machst Du, wenn Du nicht für ATLAN zeichnest?

Robert: Ich zeichne...! Nach wie vor bedeutet das Zeichnen für mich in erster Linie Erholung, wie für andere Menschen die Ferien. Ansonsten schreibe ich sehr gern: Briefe, Gedichte, Geschichten und vieles mehr. Ich lese und sammle außerdem alle möglichen Romane. Mit der Zeit haben sich davon viele Hundert angesammelt, was auf Besucher den Eindruck einer überfüllten Lagerhalle macht. Ich liebe gemütliches Zusammensein mit einem Hauch von Romantik. Leider gibt es hier nur wenige Menschen, die sich für SF-Literatur interessieren.

RV: Was sind Deine Pläne für die Zukunft?

Robert: Unter anderem ein Portfolio mit ATLAN-Bildern, ein Gedichtband, aufgelockert mit diversen Illustrationen, vielleicht mit Markus einen Artikel über SF-Comics. Außerdem arbeite ich schon lange an einer Gegenüberstellung der PR- und ATLAN-Illus, wo ich die Vielseitigkeit aufzeigen will.

RV: Und Träume...?

Robert: Einer ist für mich in Erfüllung gegangen, das soll aber nicht heißen, ich hätte keine mehr. Ein weiterer wäre: ein wenig mehr Toleranz gegenüber den Mitmenschen, oder daß man nicht immer nur das Schlechte des anderen sieht.

Robert Straumann
Robert Straumann (ohne Bart)


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