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Nichelle NicholsNicht nur Uhura
 
Heyne 06/5547, Originaltitel: "Beyond Uhura", (c) 1994 by Nichelle Nichols, aus dem Amerikanischen übersetzt von Andreas Decker, (c) der deutschen Ausgabe 1997 by Wilhelm Heyne Verlag, 368 Seiten plus 24 Fotoseiten, 29+90
 
Rezensent: Felix D. Lichte
 
Im Jahr 1991 wurde die klassische STAR TREK-Serie mit dem Kinofilm "STAR TREK VI: Das unentdeckte Land" zu einem ebenso runden wie endgültigen Abschluß gebracht. Nun ist die Zeit gekommen, sich in Rückblicken an diese Legende der Film- und Fernsehgeschichte zu erinnern. Jedenfalls scheinen die an der Serie beteiligten Schauspieler so zu denken: William Shatner schreibt Bücher über die Fernsehserie und die Entstehung der Kinofilme; Leonard Nimoy, George Takei und Walter Koenig legen ihre Autobiographien vor - und nun ist auch Nichelle Nichols alias Nyota Uhura an der Reihe, sich an ihr Leben mit und ohne STAR TREK zu erinnern.
Ihr Buch "Nicht nur Uhura" wird seinem Titel durchaus gerecht: Ihr Werdegang auf dem Raumschiff ENTERPRISE nimmt nur etwa die Hälfte dieser Autobiographie für sich ein. Nichols beginnt zunächst damit, ausführlich über die Geschichte ihrer Familie zu erzählen, beginnend mit einem dramatischen Zwischenfall, der sich kurz vor ihrer Geburt ereignete. Dann berichtet sie von ihrer Jugend, die von dem gespannten Verhältnis zu ihrer Mutter und von alltäglichem Rassismus geprägt war.
Schon recht früh entschied sie sich für eine Karriere als Sängerin und wurde dabei von ihrem Vater unterstützt. Später führte ihre Arbeit in verschiedenen Nachtclubs allerdings zu einigen sehr unangenehmen Begegnungen: In Kanada entging sie einmal nur knapp einer Vergewaltigung; eine traumatische Erfahrung, die einen recht breiten Raum in diesem Buch einnimmt, obwohl sich Nichols nur noch sehr ungern daran erinnert.
Da sie irgendwann nicht mehr allein vom Singen leben konnte, versuchte Nichols sich auch als Schauspielerin. Dabei stieß sie in Hollywood anfangs auf einige Schwierigkeiten, da farbige Schauspielerinnen in den fünfziger Jahren, der Zeit ihrer ersten einschlägigen Gehversuche, nicht sehr populär bei Studiobossen und dementsprechend rar waren.
1963 begegnete sie erstmals Gene Roddenberry, in dessen Fernsehserie "The Lieutenant" sie einen Gastauftritt erhielt. In der Folgezeit entwickelte sich ein Verhältnis zwischen Roddenberry und ihr, das sogar beinahe zu einer Hochzeit geführt hätte. Doch nach kurzer Zeit zog Nichols sich wieder zurück - weil Roddenberry sich gleichzeitig in eine zweite Frau, Majel Barrett, verliebt hatte und weil gemischtrassige Ehen auch in den sechziger Jahren noch auf wenig Akzeptanz gestoßen wären.
Erst 1966 begegnete sie Roddenberry wieder, als dieser ihr eine Rolle in STAR TREK anbot: die der Kommunikationsoffizierin Nyota Uhura. Roddenberry und Nichols arbeiteten einen detaillierten biographischen Hintergrund für Lieutenant Uhura aus, doch die Anwesenheit einer farbigen Offizierin auf der Brücke der ENTERPRISE stieß bei dem Sender NBC, der STAR TREK angekauft hatte, auf wenig Gegenliebe. Der Streit zwischen Roddenberry und den NBC-Direktoren über Uhura führte für Nichelle Nichols zu einem ziemlich absurden Arbeitsverhältnis, das durch rassistische Anfeindungen auf dem Set begleitet wurde. Beide Faktoren führten nach einem Jahr dazu, daß sie aus STAR TREK aussteigen wollte - wovon sie allerdings durch den Bürgerrechtler Martin Luther King abgehalten wurde, der ihr die Bedeutung ihrer Rolle für alle Afroamerikaner bewußt machte.
So hielt Nichols, allen Problemen zum Trotz, bis zum Schluß der STAR TREK-Serie durch. Danach war sie für einige Jahre arbeitslos, bis der Auftritt auf einer STAR TREK-Convention sie dazu brachte, sich für das amerikanische Raumfahrtprogramm zu engagieren. Eine Zeitlang arbeitete sie mit der NASA zusammen, für die sie Astronauten aus gesellschaftlichen Randgruppen (Farbigen, Frauen etc.) rekrutierte. Erst durch die STAR TREK-Kinofilme kam sie zur Schauspielerei zurück; gleichzeitig fing sie auch wieder mit dem Singen, ihrer eigentlichen Leidenschaft, an.
Über die STAR TREK-Filme erfährt man nur wenig Neues, was aber nicht Nichelle Nichols anzulasten ist. In der Fülle der Sekundärliteratur, die heutzutage zu STAR-TREK vorliegt, bleiben eben nur noch wenige Aspekte der Entstehungsgeschichte unberührt. Gleichwohl ist es bisweilen aufschlußreich, Nichols' Sicht der Dinge kennenzulernen - vor allem in den Passagen ihres Buches, in denen es um ihr angespanntes Verhältnis zu William Shatner geht, den sie als eitel, egozentrisch und unsensibel charakterisiert. Das vorliegende Buch läßt auch Shatners "STAR TREK-Erinnerungen" (Heyne 06/5188) in einem etwas anderen Licht erscheinen.


Insgesamt gesehen, ist "Nicht nur Uhura" eine interessante, lesenswerte Autobiographie. Wer sich nur für STAR TREK und sonst nichts interessiert, kann auf dieses Buch getrost verzichten; Nichols macht keinen Hehl daraus, daß die Schauspielerei niemals der wichtigste Teil ihres Lebens gewesen ist, obgleich STAR TREK ihr Leben natürlich auch zu einem guten Teil beeinflußt hat. Wer aber den ganzen Menschen Nichelle Nichols kennenlernen will, dem sei "Nicht nur Uhura" ans Herz gelegt.