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Nancy KressVerico Target
 
Roman, Oaths and Miracles <1996), deutsche Erstausgabe, München 1998. Heyne TB 06/5930, ISBN 3-453-13326-9, aus dem Amerikanischen von Biggy Winter, Umschlagillustration: doMANSKI, gebunden, 1990, 478 Seiten.
 
Rezension: Peter Herfurth-Jesse
 
Nancy Kress fiel mir das erstemal mit ihrer wunderbaren Erzählung "Bettler in Spanien" auf, die sie bald zu einem mittlerweile dreibändigem Zyklus ausweitete, der nach meinem wahrscheinlich nicht ganz maßgeblichen Dafürnalten weit weniger wunderbar ausfiel. Daneben erschienen zwei Einzelnomane ("Schädelrose", Heyne 06/5154, und "Fremdes Licht", Heyne 06/5328), die bei mir ebenfalls Wünsche offen ließen, mein Interesse an dieser Autorin jedoch immerhin nicht völlig erdrosselten.
Mit "Verico Target" (im Original eher "Flüche und Geheimnisse") begibt sich die Autorin wieder auf das Gebiet der Gentechnik, die SF-Anteile sind allerdings bestenfalls randständig, der Roman hätte auch in jeder Thriller-Reihe Platz finden können. Der Rückumschlag entblödet sich (wieder einmal) nicht, Pointen vorwegzunehmen: während die tapferen FBI-Ermittler noch völlig im Dunklen tappen, welches Interesse das organisierte Verbrechen an einer an sich zweitklassigen Gentech-Klitsche haben könnte, wissen der gefoppte Leser und seine entrüstete Freundin nämlich längst, daß es um einen gentechnisch maßgeschneiderten Virus geht, der als perfekte Waffe auf mißliebige Individuen angesetzt werden kann.
Auch wenn so (wieder einmal) blödwilligerweise unnötig Spannung verdorben wird, reicht es immer noch zu einem ganz passablen Thriller.
Ansatzpunkt ist die Ermordung eines renommierten Genforschers, dessen Witwe zusätzlich durch die Erkenntnis verletzt wird, daß ihr Gatte seit Jahren mit einer Kollegin ein Verhältnis unterhielt. Aber weit wesentlicher wird mit den Monaten die Frage: Warum wurde der Mann ermordet? Und was hat das mit der Gentech-Firma Verico zu tun, deren Geschäftsgeheimnise den Verstorbenen wenige Stunden vor seinem Tod tief erschüttert zu haben scheinen?
Gleichzeitig sammelt ein eifriger FBI-Ermittler fleißig Indiz um Indiz ohne im Wesentlichen weiter zu kommen. Er ahnt nicht, daß er längst den Schlüssel zur Lösung des Falles in der Hand gehalten hat: eine anonyme Postkarte, die auf eine Serie seltsamer Todesfälle in der Siedlung einer religiösen Sekte hinwies. Als der Bundespolizist das Puzzle endlich komplettiert hat, ist es schon beinahe zu spät.
Kress arbeitet mit drei (eigentlich dreieinhalb) Erzählfäden, deren Verknüpfung vielleicht nicht immer ein Musterbeispiel an Eleganz darstellt, einem gutwilligem Publikum aber immerhin hinreichend Gelegenheit gibt, mit den beiden Hauptfiguren zu bangen. Genreerfahrene LeserInnen werden wahrscheinlich beanstanden, daß sich der finale Showdown recht konventionell und absehbar gestaltet; selbst die große Schlußüberraschung - huhu ! die Mafia kommt mit ihrer Gen-Waffe davon - wird doch noch wenigstens halb zurückgenommen. Schade eigentlich.


Wer gerade sowieso nichts anderes zu lesen vorhatte und Thriller an sich mag, kann zu diesem Buch greifen.