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Hahn,Iwoleit,Mommers (Hrg.)NOVA 5
 
Verlag Nummer Eins
 
Rezensent: Andreas Nordiek
 
Die neueste Ausgabe des "deutschen Magazins für Science Fiction & Spekulation" präsentiert insgesamt 8 Kurzgeschichten.
Den Reigen eröffnet Berhard Brunner mit seiner Story "Die verbesserte Universalfernbedienung". In seiner kurzen Story schildert er sehr humorvoll was alles passiert, wenn die Technik soweit fortgeschritten ist, dass selbst Fernbedienungen über ein Eigenleben verfügen und mit den Unzulänglichkeiten ihres menschlichen Bedieners nicht mehr einverstanden sind.
"Unser täglich Brot" von Sven Klöpping ist nicht als SF im eigentlichen Sinne einzuordnen. So versucht dann das Vorwort auch eher ein wenig gekünzelt eine Verbindung zwischen der Story und dem Genre SF herzustellen. Sicherlich mag sich der eine oder andere Leser fragen, was diese Story in einem Magazin für "Science Fiction & Spekulation" zu suchen hat, da beides nicht erkennbar in ihr vorkommt. Da sich einem dies aber erst nach der Lektüre der Story erschließt, kann man immerhin sicher sein eine stilistisch überdurchschnittliche Kurzgeschichte gelesen zu haben, so dass zumindest der fehlende SF- oder Spekulationsbezug zu verschmerzen ist.
John muss miterleben wie sein Freund Pete immer mehr den Bezug zur Realität und seinem bisherigen Leben verliert. Pete sieht sich verfolgt von einer Macht, die er nicht näher bezeichnen kann, die ihm aber dazu treibt seinen unstillbaren Hunger zu befriedigen, selbst wenn dies bedeutet Teile seines eigenen Körpers zu verspeisen. John, der gar nicht weiß, wie er auf die Veränderung seines Freundes reagieren soll, sieht sich am Ende von diesem in die Enge getrieben und kann sich nur noch durch einen unkontrollierten Wutausbruch, der für Pete schrecklich endet, zur Wehr setzen.
"Die letzten Tage des Yah W." von Christian Doege ist voll von Anspielungen auf das Christentum. Allein schon der Name einer der Hauptfiguren verdeutlicht dies. Yah W. verfolgt von den Anhängern der Armee der Erleuchtung will seine Ex-Freundin aus deren Fänge befreien. Diese wiederum sind bestrebt das menschliche Ich aufzulösen. Die Handlung stellt sich als relativ banal heraus, erschließt sich einem aber nicht beim oberflächlichen Lesen, da sie verschüttet ist unter der hier verwendeten These des menschlichen Bewußtseins.
"Rendezvous mit Charon" von Markus Gebelein ist dann wieder reinrassige SF. In der Kurzgeschichte bedeutet die Beinahekollision einer Raumstation in der Nähe Plutos mit einem Felsbrocken des Kuiper-Gürtels für diese dass Ende und den Tod ihrer Besatzungsmitglieder. Durch die Beinahekollision wurde die Station aus ihrem stabilen Orbit gebracht und stürzt nun Plutos Mond Charon entgegen. Eine verschwundene Münzsammlung und der Fährmann Charon spielen eine wichtig Rolle.
In "Das Fraktal" von Reinhard Kleindl spielt diese selbstähnliche mathematische Struktur eine wichtige Rolle. Nun dürfte nicht jeder Leser mit der höheren Mathematik vertraut sein und muss somit einfach davon ausgehen, dass die mathematischen Hintergründe stimmen. Solch wissenschaftliche Themenfelder literarisch aufzuarbeiten hat sicherlich seinen Reiz und eröffnet den Autoren neue Möglichkeiten, kann aber im vorliegenden Fall nicht komplett überzeugen, da das Potential lediglich angerissen wird. Zudem ist die Story zu sehr auf die wissenschaftliche Thematik hin ausgerichtet und weniger auf das Erzählen einer spannenden Handlung. Als Anregung sich mit solch trockener, wissenschaftlicher Thematik literarisch auseinanderzusetzen ist die Story dagegen durchaus dienlich. Nur wird mit solch einer Story das Zielpublikum von NOVA erreicht?
"Testfall" von Klaus N. Frick beleuchtet ein düsteres Szenario. In den Höhen des Schwarzwaldes existiert ein Sperrgebiet, in dem die Nachkommen von biologisch verseuchten Menschen und Schwerstverbrecher ohne jedwede Kontrolle leben. Analog des aus dem Films "Die Klapperschlange" beka nnten Szenarios kann hier jeder seinen Fähigkeiten entsprechend leben. Zwei Journalisten wagen sich in das kontaminierte Gebiet, welches bereits von einem Wissenschaftler als Versuchsgebiet genutzt. Die auftretenden Mutationen werden von diesem benutzt, um seinen Plan von einem "Übermenschen" wahr werden zu lassen.
Die Story ist gut erzählt und verfügt über einige Wendungen bis hin zum sehr offen gehaltenen Schluß. Klaus N. Fricks Aussage, dass es immer wieder Menschen geben wird, die die ihnen bietenden Situationen ohne jede moralische Skrupel ausnutzen werden, ist dagegen nicht neu. Die Bezeichnung des Wissenschaftlers als "Mengele den Zweiten" wäre nicht notwendig gewesen, da die Aussage der Story auch ohne diesen Hinweis zu verstehen ist.
Viktor Farkas verfolgt in seiner Story "Die letzte Runde" eine überaus interessant präsentierte Idee. Was wäre, wenn die Menschheit sich durch einen außerirdischen Einfluß zu der mörderischten Gattung entwickelte, die es je auf diesen Planeten gegeben hat? Wenn die Entwicklung des Menschen als Experiment anzusehen ist, welches zum scheitern verurteilt ist? Was wäre, wenn dies von den Außerirdischen bedacht und eine Sicherheitsschaltung der Spezies Mensch eingebaut wurde, die dafür Sorge trägt, dass das Experiment vernichtet wird, sobald es aus dem Ruder läuft? Das Ende der Story ist entsprechend, hätte aber gar nicht der Ausformulierung bedurft, denn wohl jeder kann sich die Antworten selbst geben.
Die Gaststory kommt diesmal von der kroatischen Schriftstellerin Marina Jadrejcic und stammt aus einem längeren Zyklus von Stories über istrische Kolonisten auf den Planeten Tiha.
Die Menschheit hat verschiedene Planeten kolonisiert. Tiha wurde kroatischn Siedlern zugesprochen, die natürlich ihre gesamte Kultur und Lebensweise mit in die Ferne brachten und hier nun versuchen sich im Sinne ihrer Vorväter ein neues Leben aufzubauen. Ein Leben, welches bestimmt ist von den Unterschieden zwischen der Erde und Tiha im Hinblick auf die Fauna und Flora. Die Handlung bietet dem SF kundigen Leser nichts neues, ist aber mit einem ansprechenden Spannungsbogen versehen und stilistisch in Ordnung.
NOVA 5 präsentiert eine Mischung aus SF-Stories und Kurzgeschichten, die mehr auf wissenschaftliche Thesen beruhen. Während erstere den Erwartungen der Leser am ehesten entsprechen dürften und allesamt durchweg gut verfaßt sind, sind es die Stories von Doege und Klöpping, die die Grenzen des Genres überschreiten bzw. nur schwerlich der SF zuzurechnen sind. Gerade diese Geschichten fordern aber den Leser und zeigen im Vergleich mit den konventionellen SF-Stories welche Möglichkeiten das Genre bietet und das es darüber hinaus ebenfalls lesenswerte Kurzgeschichten zu entdecken gibt. Von allen Ausgaben bietet diese die größte Bandbreite von den Ideen und der schriftstellerischen Ausarbeitung her und entspricht am wenigsten den Erwartungen von SF-Lesern.