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Greg EganQual
 
Heyne-Verlag, Taschenbuch, Originalausgabe: 1995, D: Juni1999, 558 Seiten, Originaltitel: Distress, Übersetzung: Bernhard Kempen
 
Rezension: Andreas Nordiek
 
Die Handlung des Romans hat der australische SF-Autor Greg Egan nur einige wenige Jahrzehnte in der Zukunft angesiedelt. Hauptfigur von "Qual" ist Andrew Worth, ein Journalist, der in Sydney lebt und für das weltweite Wissenschaftsnetzwerk SeeNet arbeitet. Seine letzten Arbeiten stehen vor allem im Zusammenhang mit moralisch nicht eindeutig positiv zu bewertenden Erfindungen in der Genforschung und der Biotechnologie, die in den letzten Jahrzehnten sprunghafte Fortschritte durchgemacht hat. Es ist mittlerweile möglich Viren und Bakterien genauso wie Nanotechnologie herzustellen, genauestens zu programmieren und positiv wie negativ für die Menschheit einzusetzen.
Um ein wenig Abstand von seiner bisherigen Arbeit zu erhalten und ein wenig aus Selbstüberschätzung nimmt er den Auftrag an, eine der wichtigsten Physikerinnen - Violet Mosala - für SeeNet in einem größeren Beitrag darzustellen. Dafür reist er umgehend nach Stateless, einer mit geklauter Biotechnologie künstlich geschaffenen Insel, auf der ein großer Kongreß stattfindet. Auf diesen Kongreß werden von den drei wichtigsten Physikern, die jeweils von ihnen entwickelte Alltheorie vorgestellt. Hinter dieser verbirgt sich nichts anderes als eine Universaltheorie, die alles gegebene darstellt.
Greg Egan geht hierbei von einer Idee aus, dass es den Menschen in einigen Jahrzehnten wirklich gelingen könnte, hinter allen Geheimnissen der Natur zu kommen und so tatsächlich alles wissenschaftlich erklären zu können. Was wäre, wenn dies tatsächlich eintreten würde? Wie würde das Wissen um diese Theorie die Menschheit verändern? Verändert die Äußerung dieser Theorie eventuell nicht auch die Natur an sich, da sich der Mensch nun allem bewusst geworden ist?
Fragen auf die Greg Egan auch Antworten gibt. Antworten, die zuweilen nicht einfach nachzuvollziehen sind, denn Greg Egan hat reichlich wissenschaftliche Literatur in seinem Roman verarbeitet. Deshalb dürfte "Qual" gerade für Leser, die wissenschaftlich fundierte Romane und Kurzgeschichten bevorzugen, ein Lesetipp sein.
Die Verarbeitung von wissenschaftlichen Theorien wäre aber sicherlich zu wenig, um einen guten SF-Roman zu verfassen. Greg Egan gelingt es eine wirklich spannende Story aufzubauen, denn Andrew Worth findet sich auf Stateless in einem Netz von Intrigen und religiös motivierter Gewalt wieder, deren Strukturen er zu Beginn überhaupt nicht durchschauen kann. Ihm fehlen einfach die Hintergrundinformationen zu Violet Mosala, ihrer wissenschaftlichen Arbeit und den Auswirkungen derselben. Der Roman ist klar gegliedert und dem Leser erschließen sich die Zusammenhänge immer mehr. Dabei wächst der Handlungshintergund stetig und es entfaltet sich eine durchaus vorstellbare Zukunftsversion, in der sich der Mensch mit all seinen Verhaltensweisen kaum verändert hat.

"Qual" kann ich wirklich jedem empfehlen, der einen anspruchsvollen SF-Roman lesen möchte.