Frameset nachladen
 
Pat CadiganBewußtseinsspiele
 
Science Fiction Roman, Mindplayers (1987), deutsche Erstausgabe, München 1994, Heyne TB 06/5063, ISBN 4-453-07229-4, aus dm Amerikanischen von Alfons Winkelmann, Umschlagillustration: Ralle, DM 14,90, 365 Seiten.
 
Rezensent: Peter Herfurth
 
Mit ihrem Debüt Synder, einem überkomplizierten Cyberpunk-Nachzieher, konnte Pat Cadigan nicht recht überzeugen. In Bewußtseinsspiele geht es nun ab in die Wunderwelt der menschlichen Psyche: Wir befinden uns in einer (nicht allzu fernen) Zukunft, in der die Schranken des Bewußtseins überwunden sind. Wo aber auf dem freien Markt komplette neue Persönlichkeiten angeboten werden, entfaltet sich sogleich ein Untergrundhandel mit Neurosen, Psychosen, Thrills und noch weit abseitigeren Neigungen. Als sich die junge Alice beim illegalen Experimentieren mit einer künstlichen Psychose übernimmt, verdankt sie nur ihrem Dealer Jerry Wirerammer, der sie beim psychiatrischen Notdienst abliefert, ihr Überleben als intakte Original-Persönlichkeit. So aber gerät Alice an die Gehirnpolizei und ihr Wirklichkeitsfixierer macht ihr ein Angebot, daß sie einfach nicht ablehnen kann: entweder sie läßt sich selber dazu ausbilden, psychisch Gefährdeten zu helfen, oder sie landet mehr oder weniger im Knast.
Schauplatz der Bewußtseinsspiele ist eine seltsam synthetische Freizeit-Gesellschaft, in der außer der Gehirnpolizei - eigentlich wäre es angemessener von Gehirn-SozialarbeiterInnen zu reden - irgendwie niemand jemals zu arbeiten scheint. Stattdessen amüsieren sich die Menschen mit vielfältigen Manipulationen ihres Bewußtseins, von denen einige wie gesagt leider nicht ganz legal sind. Wenn wir uns an den Unausgewogenheiten des hier konstruierten Gesellschaftsmodell nicht weiter stören, können wir uns mit Cadigan in seelische Abenteuer stürzen, die leider nicht immer ganz nachvollziehbar sind; das alte Problem schon des "Inner Space": Welche Worte finden für das, was im nichtsprachlichen inneren Raum passiert?
"Pokerface-Allies" Erfahrungen mit psychisch kaum Existenten, symbiotisch Verschmolzenen und anderweitig Gefährdeten muten dazu mehr wie eine Aneinanderreihung thematisch verbundener Kurzgeschichten denn wie ein regulärer Roman an. Einen roten Faden stellt noch am ehsten das Schicksal Jerry Wirerammers dar, der sich Zug um Zug buchstäblich verkauft, so daß am Ende nicht einmal er selber noch weiß, wer dieser er nun (noch) wirklich ist.

Im Grunde kein uninteressanter Stoff, der da aus einem abgehobenen Freizeit-Utopia an uns herangetragen wird, leider können die handwerklichen Fertigkeiten der Autorin mit ihren Ambitionen nicht immer mithalten.