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Greg BearSchmiede Gottes
 
(The Forge of God, 1987), Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Petri, Wilhelm Heyne Verlag, München 1989, Science Fiction & Fantasy 06/4617, 536 Seiten.
 
Rezensent: Stefan Manske
 
"The Forge of God" - ein Romantitel, der dem Heyne-Verlag und Übersetzer Wolfgang Petri offenbar großes Kopfzerbrechen bereitete. Im Heyne-Gesamtverzeichnis bis Oktober '89 noch als "Die Gabel Gottes" angekündigt - hier wurde ganz offensichtlich der Begriff "Forge" mit dem Begriff "Fork" verwechselt - ist Bears Roman nun unter dem Titel "Schmiede Gottes" erschienen. Weshalb man den Artikel "The" unberücksichtigt ließ - ob eventuell zur Wahrung der Silbengleichheit oder um dem im allgemeinen mit weniger Wörtern auskommenden Englisch ein Schnippchen zu schlagen -, sei dahingestellt. Die wortwörtliche Übersetzung "Die Schmiede Gottes" klingt in jedem Fall runder. Schmiede Gottes ist ein Roman ohne Handlung und ohne Aussage. Der spärliche Inhalt ist dem Klappentext zu entnehmen: Außerirdische landen auf der Erde, drohen mit der Vernichtung des Planeten - und vernichten ihn. Punkt. Greg Bear füllt die 536 Seiten mit dem Auf- und Abtreten zahlreicher kopfscheu agierender Namen auf zwei Beinen - das Wort Charaktere wäre eine ungerechtfertigte Schmeichelei -, astrophysikalischen Taschenspielertricks und einem unfreiwillig komischen Hauch von Weltuntergangsstimmung. Ein zufällig ausgewähltes Beispiel Bear'scher "Personencharakterisierung": "Mrs. Sarah Crockerman trug ein seriöses, modisches Schneiderkostüm. Ihr üppiges Haar war sorgfältig frisiert, und als sie Hicks einen Kaffee einschenkte, sah er, daß ihre Hände tadellos manikürt waren: die bronzemetallisch getönten Fingernägel schimmerten matt in dem grauen winterlichen Licht, das durch Verandatüren hinter dem Eßtisch hereinkam." (S.211) Also: Mrs. Crockerman - abgehakt. Fortan nur noch ein Name unter viel zu vielen. Wohlwollenden aber gedächtnisschwachen Lesern empfehle ich deshalb, die bei jedem Auftreten einer neuen Figur wie beiläufig hingeschmissenen äußerlichen Attribute in eine Art Steckbrief zu übertragen. Charakterzüge sind nach Gutdünken zuzuteilen - hier setzt Greg Bear der Phantasie des Lesers keine Schranken. Na gut Charakterisierungen sind nicht Bears Ding. Kann er wenigstens halbwegs anständig erzählen? Nein! Ein Beispiel: "O Gott! sagte Francine mit zitternder Stimme, während sie die steife und enge Wendeltreppe hinunterstiegen. "Sei tapfer, Mama!" sprach Marty ihr Mut zu. Er lächelte Arthur an. Er ging voran, und ihre Köpfe befanden sich fast auf gleicher Höhe." (S.488) Zur Erläuterung: Marty ist der achtjährige Sohn von Francine und Arthur. Er geht seinen Eltern also voran die Wendeltreppe hinab. Und als Marty seinen Vater anlächelt, befinden sich ihre Köpfe fast auf gleicher Höhe. Seltsam? Aber so steht es geschrieben. Erwähnenswert vielleicht noch, daß es Greg Bear, der Kalte Krieger, auch in Schmiede Gottes nicht versäumt, dem Leser - ohne jeden Zusammenhang - zu erklären, daß die Amerikaner die Guten und die Russen die Bösen sind.

In meinen Augen ist Greg Bear ein miserabler Schriftsteller: Bears Verkaufserfolge und positive Kritiken zu seinen Werken sind mir ein Rätsel.