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Richard BrautiganSombrero vom Himmel
 
Ein japanischer Roman, Sombrero Fall Out, A Japanese Novel (1976), Frankfurt a.M. 1994 (erstmals auf Deutsch 1990 im Eichborn Verlag), rororo 13126, ISBN 3-499-13216-9, aus dem Amerikanischen von Günther Ohnemus, Umschlagillustration: Hendrik Dorgathen, DM 9,90, 126 Seiten.
 
Rezensent: Peter Herfurth
 
Irgendwo in den Vereinigten Staaten trauert ein Humorist um eine Japanerin, die ihn nach zweijähriger Beziehung verlassen hat. Die Geschichte, an der er dabei schreiben wollte, entwickelt sich unterdessen in Papierkorb von alleine weiter, irgendetwas um einen vom Himmel fallenden Sombrero dessen Temperatur minus dreiundzwanzig Grad beträgt. Sobald die Temperatur des mexikanischen Hutes zu steigen beginnt, befällt sämtliche Umstehenden eine rasende Gewalttätigkeit, welche sie erst gegeneinander richten, dann gegen die Polizei, die Nationalgarde und schließlich die US-Armee. Währenddessen plagen den Schriftsteller Hungergefühle, aber zum Essen kommt er nicht. Stattdessen wendet er seine Aufmerksamkeit einem einzelnen Haar seiner Ex-Freundin zu, die sich währenddessen übrigens einige Kilometer entfernt einer ungestörten Nachtruhe hingibt - allein.
'Ein einziges Desaster.' heißt es recht zutreffend auf dem Rückumschlag, doch von 'geradezu ansteckender Fröhlichkeit', wie sie gleichermaßen annonciert wurde, habe ich weniger etwas verspüren können. Klar, der wohl nicht ohne Verluste ins Deutsche übertragbare Originaltitel 'Sombrero Fall Out' verweist wohl auf die viele Jahre anhaltenden radioaktiven Niederschläge nach atmospärischen Atomversuchen und die Figur der Japanerin folgerichtig auf Hiroshima und Nagasaki. Der Hut ist sicher eine Metapher - war nicht am Rande auch von UFO-Invasionsgeschichten die Rede, wie sie bekanntlich psychologisch mit Kalter-Kriegs-Massenängsten in Beziehung stehen? - auch die militanten Auseinandersetzungen auf der Sombrero-Ebene lassen sich möglicherweise noch sinnhaft irgendworauf beziehen, während die Figur des Schriftstellers... ja was? Außerdem ist eine Bereitschaft, mich zeitgenössischer Literatur in jener Weise zu nähern, wie es die bildende Kunst von mir verlangt, bei mir bestenfalls rudimentär vorhanden.


Dann entdecke ich auf dem Rückumschlag doch noch das Wort vom 'Kultautor' und denke gleich: Ah, Kult! Das entzieht sich dann natürlich der Überprüfbarkeit. Da heißt es sich anschließen und jubilierend genießen (Kult eben) oder außen vor bleiben. Okay, denke ich, lasse das Buch sinken, streiche RICHARD BRAUTIGAN von der Liste der für mich interessanteren Autoren und bleibe bereitwillig außen vor.